Alpen-Tour 2003Alpen-Tour 2004Die Klasse von 1980
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1. Tag (Donnerstag, 01.07.04) Anfahrt Hameln – Rankweil (A)

Gut organisiert war wieder Donnerstag, 17.00 Uhr Abfahrt. Um 0.15 Uhr kamen wir nach 685 km in Österreich Rankweil Gasthof Zum Kreuz an. Unser vierter Kollege Heiko war schon tagsüber gefahren und hatte schon eine kleine Tour über das Furkajoch hinter sich. Nach der Begrüßung und ein Bier im stehen verzogen wir uns zur verdienten Nachtruhe.

 
2.Tag (Freitag, 02.07.04) Rankweil (A) – Le Lanvancher (F-Chamonix)


So hatten wir uns das eigentlich nicht vorgestellt. Nieselregen L !!!. Na ja, Augen zu und durch - Maschinen abladen, aufsatteln und los. Bis Chur war es relativ langweilig, aber gut zum einfahren. Die Berge waren nur verschwommen zu sehen, aber die Erwartungshaltung stieg.

In den gesamten Alpen gibt es nur eine einzige ausgeprägte Längsfurche, die dafür aber gleich gut 200 km lang ist. Vorderrhein und Rhône haben sie nach Osten bis Chur und nach Westen bis Martigny vorgeschoben und so eine Linie geschaffen, die beinahe mit dem Lineal gezogen sein könnte. Bereits unmittelbar nach der Überquerung der Rheinbrücke in Reichebau klettert die Straße ohne ersichtlichen Grund einen Berghang hinauf. Schuld daran ist der wohl größte Bergsturz in den Alpen, der gegen Ende der letzten Eiszeit mit riesigen Schuttmassen dem Vorderrhein den Weg versperrte und in der Gegend des heutigen Städtchens Ilanz einen etwa 600 m tiefen Stausee entstehen ließ. Über Disentis/Muster geht es zum Oberalp-Paß (2044m). Obwohl es nur noch 15 km Luftlinie sind, muss man doch noch 700 Höhenmeter überwinden. Über Sedrun, Rueras und Tschamut geht es durch das nun schon recht enge Tal, ehe wir über 10 weitere Kehren Richtung Paß fahren und die Aussicht auf den 1,2 km langen Oberalpsee genießen. Auch die Westrampe des Oberalp-Passes bietet eine bemerkenswerte Aussicht.

Vom Westzipfel des Sees sieht man erstmals hinüber zum Furka-Paß (2431m). Nur wir können die Schönheit nur ahnen. Diesig und leichter Regen versperren jegliche Sicht. Und dann der Aufstieg mit Sichtweiten unter 20 m. Kurven, Hindernisse und entgegenkommende Fahrzeuge können erst im letzten Moment erkannt werden. So hatten wir uns unsere Alpentour nicht vorgestellt.

Dann die Wende. Zwei Kehren weiter unten taucht im Nebel das Hotel Belvedere auf, es wird heller und der Nebel ist weg, einfach weg. Nicht einmal am Großglockner ist es möglich, so direkt an den Eisbruch eines Gletschers heranzufahren wie hier – beeindruckend.


Der Himmel reißt immer weiter auf und als wir in Oberwald ins Goms fahren ist der strahlende Himmel perfekt. Perfekt auch für eine Pause. Wir halten Ausschau nach einer Käserei und werden auch bald fündig. Käse, Baguette und dazu natürlich Wasser – sitzend am Ufer eines Bergflusses – die Sonne brennt – was will man mehr?

Frisch gestärkt geht es weiter durch dieses malerische Tal. Zur linken die 3000er und rechts sogar die 4000er. Über Geschinen, Münster, Niederwald, Fiesch und Mörel geht es durch das wohl schönste Tal des gesamten Wallis nach Brig.

Ab Brig ging es über die größere Bundesstr. 9 über Visp und Susten nach Sierre, wo wir erstmal eine kleine Kaffeepause machten. Hier kam das erste Mal wieder eine Fremdwährung ins Spiel und prompt die ersten Probleme: die Kaffeetante wollte keine Öros. Als wir ihr mit Händen und Füßen klargemacht hatten, das nichts anderes dabei hatten, gingen auch plötzlich Euros. Aber nun kam die Diskussion über Tausch zwischen Schweizer Franken und den Euros. Irgendwann haben wir Ihr dann 12 € gegeben und ihr Gesicht fing an zu grinsen. Hinterher wussten wir mehr …

Und weiter auf der B9 über Sion nach Martigny. In Martigny (dt. „Martinach“) erreicht man den Anstieg zum Col de la Forclaz (1526m) am südlichen Stadtrand auf dem Weg zum Gr. St. Bernhard, von dem der Forclaz in südwestlicher Richtung abbiegt. Die typisch schweizerisch gut ausgebaute, breite Strasse steigt steil aus dem Rhônetal in Serpentinen hinauf. Man hat auf etwa halber Höhe einen atemberaubenden Blick auf das gesamte Unterwallis, zu Füssen liegt Martigny. Je weiter wir nach oben kommen, umso karger wird die Landschaft. Nach der Passhöhe, bei nicht sehr beeindruckenden 1527m, fahren wir passabwärts an einer gewaltigen Schlucht, der Gorges du Trient, entlang, die rechts der Strasse in die Tiefe stürzt. Die Schroffheit und Steilheit der umgebenden Berge sind beeindruckend. Nach dem Grenzübergang wird die Landschaft in Frankreich wieder etwas freundlicher, man fährt im oberen Tal der Trient durch Hochgebirgswald über den zweiten Pass dieser Strecke, den Col des Montets 1461m. Ein unglaublicher Blick auf das höchste Massiv Europas lässt den Atem stocken: Der Mont-Blanc. Davor stehen die Grandes Jorasses 4208m, die Aig. du Geant u.a. Schön auch die Pfeiler der Dru und die Aiguille Verte. Die Weiterfahrt endet kurz vor Chamonix in Le Lavancher, das wenige Kilometer hinter Argentiere liegt. Unser gebuchtes Hotel:

http://www.hotelbeausoleilchamonix.com


Wir beziehen recht fix unser 4-Bett-Zimmer und schwingen uns auf die Krads zum Abendessen nach Chamonix. Vorher kaufen wir noch in einem Laden Käse und Wein.

Ein recht schmieriger und unfreundlicher Boy in dem von uns ausgesuchten Restaurant machte uns schnell klar, das die Pizza nur für Mittags ist. Als er nach 10 Min. wiederkam bekamen wir die Karte und durften unser Bier bestellen. Das kam dann auch relativ fix, einziger Nachteil: wir wussten immer noch nicht alle, was wir essen wollten. Also zog sich das Ganze in die Länge. Blah, blah, blah … und zum Schluß kostete jedes Bier 6,00 Euro. Wir hätten gleich den Wein und den Käse verputzen sollen – haben wir dann auch noch, nämlich im Hotel.

Nach 438 km konnten wir endlich in die Betten.

 
3.Tag (Samstag, 02.07.04) Le Lanvancher (Chamonix) – Barcelonette


Nach guten Schlaf und echt gutem Frühstück sattelten wir wieder die Hühner. Als Erstes fuhren wir unsere Sackgasse mal bis zum Ende durch und vor uns lag ein atemberaubender Blick auf Chamonix mit dem Mount Blanc.

Dann aber los.

Den nächsten kurzen Stopp machten wir schon nach einigen Kilometern oberhalb von Passy, wo schon die nächste Superaussicht wartete. Plötzlich hörten wir Motorenlärm, der einwandfrei der Schleiferfraktion zuzuordnen war. Rund 10-15 einheimische Freaks rasten die Bundesstrasse mit nahezu 150 km/h entlang. Manche mit kleinem Ruckzack, einige mit figürlich attraktiven Sozias.


Über St Gervais les Bains, Megeve und Praz sur Arly kamen wir auch langsam wieder höher. Der erste Paß heute ist der Col des Saisies (1633 m). Nichts spektakuläres, halt ein Wintersportort. Über Beaufort sur Doron geht es vorbei am Lac de Roselend (1605 m). Der Zweite heute ist der Cormet de Roselend (1968 m) Richtung Bourg St Maurice. Ein paar Kilometer Bundesstr. N90 und über Moutiers Tarentaise auf die D94 Richtung St Francois

Longchamp. Auf halber Strecke erreichen wir den Col de la Madeleine (2000 m) wo wir erstmal eine schöne Rast machen. Die Aussicht Richtung Süden nach La Chambre ins gegenüberliegenden Glandon-Tal. Strahlender Sonnenschein lässt uns den Mittag zu richtig genießen. Die Abfahrt eine halbe Stunde später ist wunderschön. In St Martin sur la Chambre ist unsere Gruppe um einige BMW-Fahrer größer geworden, die sich aber in La Chambre schon wieder auflöst, da eine Straßensperrung die Jungs nach rechts abbiegen lässt. Wir fahren 5 km rechts unter der Autobahn A43 hindurch und wieder zurück nach St Etienne de Cuines. Wir suchen kurz eine Tankstelle, da die nächsten 70 km wieder nur durch kleinere Orte und 2 Pässe gefahren wird.

Rund 30 Kilometer lang ist der Aufstieg zum Croix de Fer (2067 m). Die Strecke ist gespickt mit Kurven und Spitzkehren in allen Variationen. Die Fahrbahn ist absolut in Ordnung, Verkehr ist relativ wenig. Man tangiert kurz vor der Passhöhe den Col du Glandon (1924 m) von dem man einen schönen Blick auf den Mont Blanc genießen kann. Die lange Abfahrt gestaltet sich mit einem Dutzend Serpentinen sehr abwechslungsreich und man hat einen imposanten Blick auf St Jean de Maurienne. Zum ersten Mal spüren wir die etwas höheren Temperaturen des Südens. Bei der Stadtdurchfahrt haben wir uns über jede rote Ampel geärgert.


Ab St Michel de Maurienne beginnt rechts weg mit der D902 unsere Königsetappe. Diese Hochalpenstrasse zählt zu den landschaftlich und streckentechnisch Schönsten in Savoyen. Besonders reizvoll ist die Anfahrt über den kehrenreichen (14 Kehren auf der Nordrampe) Col de Télégraphe (1570 m).In Valloire ist gerade ein Quad-Treffen. Wie die Wahnsinnigen heißen die Draufgänger durch das Tal, durch Flussbetten und Wälder – es ist teilweise wie im Nebel. Dann die scheinbar unendliche Auffahrt zum Col de Galibier (2645 m). Durch die neue Trassenführung wurde der 363 m lange Scheiteltunnel auf 2556 m stillgelegt. Über den Pass verläuft die Grenze zwischen Savoyen und dem Dauphiné. Die Südrampe ist mit max. 9% Gefälle weniger anspruchsvoll und flüssig zu befahren. Der hochalpine Charakter ist hier sehr ausgeprägt und wird von der Gesteinsfarbe noch unterstrichen, ähnlich dem Stilfser Joch.

Scheinbar Tausende von Radrennfahrer quälen sich den Berg hoch und zur Krönung treffen wir noch auf einen Reisebus, der bergauf einige Reisende zum Austreten rausläßt, was natürlich mitten auf der Strasse kurzfristig zum Verkehrschaos führt. Oben auf dem Paß hat dann das Rote Kreuz ein paar Sanitäter, Zelte und Wagen stehen, was auch für einige notwendig ist. Bei der Abfahrt bekommt unser Ex-Talwächter dann die Höchststrafe: er wird von einem Fahrrad überholt J. Neben dem Galibier überquert man bei seiner Befahrung auch den Col du Lautaret, den wir aber irgendwie nicht merken. Über Briancon und Embrun fahren wir noch am malerisch gelegenen Lac de Serre-Poncon entlang. Dann noch ein Stück durch das Ubaye-Tal und wir sind endlich (19.15 Uhr – 485 km) in Barcelonette bei Hans und Barbara.

http://www.escale-en-ubaye.com/d/duits.html

Erst 4 Bier, dann eine anständige Dusche und ein zünftiger Grillabend. Wir sitzen mit 6 weiteren Gästen an einer langen „Tafel“ und jeder gibt sein Motorrad-Latein zum Besten.

Ein schöner Tag geht mit einem Selbstgebrannten und einem Kaffee von Hans zu Ende.

 

4.Tag (Sonntag, 02.07.04) Barcelonette – Barcelonette

Nach einem guten Frühstück brechen wir frischgestärkt Richtung Tankstelle auf. Immer parallel zur Ubaye, die hier am Alpensaum der Haute Provence fließt.

Früher blieb das von zum Teil 3.000 m hohen Bergen eingeschlossene Tal im Winter sich selbst überlassen. Berge wie der 2.240 m hohe Alos mussten durchbohrt und der Bonettepass (2.802 m) gebaut werden, um die Talbewohner aus ihrer Isolation zu befreien.

Das Tal der Ubaye besticht durch seine geologische Vielfalt und durch seinen Reichtum an Fauna und Flora. Arnika, Edelweiß und Enzian, Leimkraut, Alpen-Vergissmeinnicht und Wermut sprießen neben wildem Lavendel. Irgendetwas von diesem Zeug muss auch gestern Abend in dem Selbstgebrannten von Hans gewesen sein.

Nach einem kurzen flachen Abschnitt nach Jausiers beginnt der ca. 23 Km lange Anstieg zum Bonette. Die Bonette-Route verbindet das Ubaye- mit dem Tinée-Tal und war früher von militärisch-strategischer Bedeutung. Das zeigen wiederum die Militärbauten an der Strecke, etwa die Caserne de Restefond auf ca. 2500 m.

Die Straße steigt in unzähligen Haarnadelkurven zunächst bis zum Col de Restefond (2678 m) an. Hier befindet sich der eigentliche Pass-Übergang hinunter in Richtung Côte d'Azur. Den Pass ziert ein Wegweiser nach Nizza.

Am Restefond ist man aber noch nicht oben, vielmehr folgt noch der vermeintlich höchste Alpenpass Col de la Bonette (2802 m): Den an sich schon sehr hohen eigentlichen Passübergang als den nun Höchsten zu bezeichnen, kann wohl nur ein Scherz sein. Denn ab der Passhöhe zweigt eine Rundstraße um einen kegelförmigen "Steinhaufen" ab, dessen Spitze als Cime de la Bonette bekannt ist. Diese Straße wurde gerade so steil angelegt, dass dadurch ein höchster Punkt von 2802 Meter erreicht wurde. Und damit der Einzige über 2800 m in den Alpen. Seinerzeit. Eine elegante Steintafel dokumentiert diesen Scherz auch noch auf der höchsten Stelle. Mit goldenen Lettern! – Egal, wir waren oben.

Kurze Zeit später erreichen wir in 2250 m Höhe den verfallenen Kasernenkomplex Camp des Fourches, der aus vielen kleinen Häuschen besteht und 1912 erbaut wurde bis Ende des II. Weltkrieges von Gebirgsjägern genutzt.

Die Abfahrt über St Etienne de Tinee und Isola führt uns bis kurz vor St Sauveur sur Tinee. Die Temperatur stieg immer weiter an und man konnte das Mittelmeer förmlich spüren, aber die Vernunft ließ uns die Route ändern und ein wenig kürzer treten.


Wir fuhren die D30 Richtung Roubion über den Col de la Couillole (1678 m). Eine Straße, die wie in einer Wand nach oben führt und scheinbar überhaupt nicht aufhört. In Beuil war erstmal wieder Kaffeepause.

Danach befahren wir die beiden Schluchten Gorges de Daluis / Gorges Sup. du Cians. Diese beiden zählen zu den faszinierendsten im gesamten Alpenraum. Während man sich bei den Daluisschluchten hoch über fast senkrecht abfallenden Felswänden bewegt, durchquert man die Ciansschluchten fast auf dem Talgrund. Die Ciansschluchten zeichnen sich durch purpurfarbenes Schiefergestein aus, das besonders im reflektierenden Sonnenlicht zur Geltung kommt. Vor allem im oberen Bereich mit der Grand Clue (Großen Klamm) ist die Leuchtkraft des Gesteins unübersehbar.
In der Daluisschlucht führt die Straße in einer Art Einbahnstraßen- und Tunnelsystem durch das Tal. Die Fahrspur von S nach N windet sich außen um die Felsen herum, während die andere immer wieder durch kurze Tunnel führt.Ab Guillaumes beginnt der Aufstieg zum Col de la Cayolle (2326 m).


Die Südrampe des Passes führt an zahlreichen Gebirgsbächen vorbei, etwas weiter oben entspringt der Var, der in südlicheren Regionen eine beachtliche Breite annimmt. Kleinere Wasserfälle ergießen sich über ausgedehnte Schieferflächen.

Eine "Foto-Sessions"  und ein Käse-Essen mit Verlust von Heikos Messer unterbrechen unsere Fahrt. Ein Murmeltier pfeift so laut, dass man erstmal nicht weiß, wo das herkommt und was das war.

Bis nach Barcelonette sind es noch 30 km. Nur 30, die es aber in sich haben. Eine schlechtere Strasse in Punkto Unebenheit, Schlaglöcher und Flickenteppich haben wir bis dato noch nicht gehabt. Endlich in Barcelonette angekommen, haben wir nicht einmal Lust zum Tanken. Also zurück zum Hotel. Ich war so geschafft, dass ich erst einmal ein kleines Schläfchen eingelegt habe. Ach so: 285 Tageskilometer – 16.30 Uhr).

Anschließend wieder ein gutes Abendessen mit Landwein und Selbstgebranntem.

 


5.Tag (Montag, 03.07.04) Barcelonette (F) – Gryon (CH)

Wie jeden Morgen geht es um 6.30 Uhr aus den Federn, duschen, Fertigmachen, packen und dann ab zum Frühstück. Nach dieser Stärkung geht es erst einmal wieder zum Tanken. Unser „Stammdialer“ hat heute zu – na klasse. Also wieder 2 km zurück. Das haben wohl auch schon einige gemacht. Ganz schön voll. Dietmar möchte zusätzlich das gute Vollsynthetische kaufen, gibt es aber nur in 5 l Gebinden. Mit Händen und Füßen lässt er sich 1 l abfüllen. Heiko kommt in den Kassenraum und ruft: Moin, einmal die Nr. 2. Das Gesicht der Kassiererin ist unbeschreiblich. Mal abgesehen davon, dass die Franzosen sowieso nicht gerne eine andere Sprache als ihre eigene sprechen.


Über Jausiers, La Condamine Chatelard und St Paul sur Ubaye erreichen wir die erste Passhöhe des heutigen Tages, Col de Vars (2109m). Auf der schönen Abfahrt nach Guillestre kommt Dietmar erst ziemlich spät unten an.

Eine kleine Pause und der Bericht – er hatte auf der ganzen Abfahrt keine Hinterbremse mehr. Kurzentschlossen ändern wir die Route auf die N94 Richtung Briancon in der Hoffnung eine BMW-Werkstatt zu finden. Leider kostet uns das den Col d Izoard – aber Sicherheit geht vor. Leider kann uns in Briancon auch keiner helfen und die nächste BMW-Werkstatt ist in Grenoble oder Gap – also überhaupt nicht auf unserem Weg. Zwischenzeitlich hat er auch schon wieder ein bisschen Druck auf der Bremse, so dass wir uns entscheiden die Tour erst einmal vorsichtig weiterzufahren.

Jetzt geht es erstmal Richtung Italien über den Col de Montgenevre (1850m). In Orlx Richtung Susa über Salbertrand. In Susa geht es wieder nach Frankreich über den Col du Mont Cenis (2081m). Im Stausee versunken liegen die Mauern des im 9. Jhd gegründeten und unter Napoleon neu aufgebauten Hospizes. In der Nachbarschaft findet man nun einen sakralen Beton-Neubau. Bevor man den heutigen Mont-Cenis-Bahntunnel in Betrieb nahm, führte seit 1868 eine dampfgetriebene Adhäsionsbahn zur Postbeförderung über den Paß. Sie bediente sich dem Fell'schen System, das zwei zusätzliche Reibräder durch eine starke Feder an eine Mittelschiene drückte, um die Steigung zu meistern. Reste der Tunneltrassen sind heute noch erkennbar.

Ab Lanslebourg Mont Cenis fahren wir über Bessans nach Bonneval sur Arc. Dieses Tal ist sehr schmal und links und rechts nur schroffe Felsen mit einem bisschen grünen Wiesen. Nach der Durchfahrt von Bonneval sur Arc klettert die Straße über eine Distanz von von als 1 km über 500 m hoch. Der Blick zurück ins Tal auf Bessans ist gigantisch.

Der Blick voraus Richtung Iseran ist ein wenig verschleiert. Einige dichte Wolken wirken sogar schon fast schwarz. Die Auffahrt auch hier erscheint wie in einer anderen Welt. Der Col de I’Iseran (2770m) ist einer der ganz großen. Um genau zu sein, nach dem Col de la Bonnette (2802) der zweithöchste Transitpass der Alpen. Selbst dem Stilfser Joch nimmt er mit links noch 6 Meter ab. Hier ist man wirklich ziemlich weit oben!


Noch ein schnelles Passfoto und plötzlich fegt ein heftiger Wind die ersten Tropfen an unser Visir. In einer affenartigen Geschwindigkeit ist aus dem heftigen Wind ein kleiner Sturm geworden. Hagelkörner und Regen peitschen fast waagerecht über den Asphalt. Man hat das Gefühl, die Fahnenmasten brechen jeden Moment ab. Zum Glück ist hier oben ein Souvenir-Shop an dessen Seite wir uns unterstellen können.

Nach einer Viertelstunde ist alles vorbei. Im Süden eröffnet sich nun der Blick auf die Gletscherbedeckte Albaron-Gruppe der Grajischen Alpen. Weiter befinden sich in der Runde die Dreitausender des Vanoise-Nationalparks und die Gipfel des Gran-Paradiso-Nationalparks. Am sog. Belvedere de la Tarentaise lohnt ein Stopp um den Panoramablick zu genießen. Vor Val d'Isere folgt der wohl schönste und kurvenreichste Abschnitt des nördlichen Passabstieges. Hier treffen wir wieder auf eine Unzahl an Fahrradfahrern, die zur Passhöhe strampeln, im Land der Tour de France auch kein Wunder. Unsere Passstrasse verläuft nun durch einige unbeleuchtete Tunnels auf restauriertem Belag bis zu dem Ort Val d'Isere auf 1840m. Auch hier der Charme des französischen Wintersporttourismus. Nach einem schluchtartigen Abschnitt folgt ein Hochtal, in dem ein Stausee, der Lac du Chevril liegt. Hier zweigt die Strasse zum Skiort Tignes ab, einem typischen französischen Retortendorf.


In Seez beginnt dann der Aufstieg zum Kleinen St. Bernhard. Der Name ist irreführend. Obwohl es hier um den "kleinen" Bruder des Großen St. Bernhards geht, ist es der besser ausgebaute Paß. Man hat trotz der geringeren Scheitelhöhe den größeren Höhenunterschied zu bezwingen und auch die Kehrenzahl steht in keinem Verhältnis zum "Großen". Besonders interessant ist der Kleine St. Bernhard da er eine direkte Verbindung zwischen den französischen Hochsavoyen und dem italienischen Aostatal bildet. Und genau dazu benutzen wir ihn auch. Oben am Col du Petit St. Bernard (2188m) angekommen – nur schnell ein Foto und weiter flüchten vor den herannahenden Wolken. Auf dem Weg nach Prè-Saint-Didier überlege ich schon auf die Autobahn bis Aosta zu fahren um vielleicht noch mal Glück zu haben und ohne Regen davon zu kommen. Man hat einen schönen Blick ins Aosta-Tal, die Architektur ist südländisch und man freut sich schon auf Pizza usw. Erstaunt stellt man dann aber fest: Hoppla hier sprechen die Meisten französisch. Und so ist es auch, das Departement Aosta liegt zwar in Italien, ist aber autonom (wie Südtirol), und die Bevölkerung hauptsächlich francophon. Pünktlich als wir die Autobahn verlassen fängt es dann an. Wir schaffen es gerade noch, uns unter eine Tankstelle zu retten. Erstmal Pause und tanken.

Danach machen für uns auf den Weg den nächsten Paß zu bezwingen, den Col du Grand San Bernard (2469m). Der Große St. Bernhard ist in drei verschiedene Streckenabschnitte unterteilt. Die unteren Zufahrtsrampen sind auf beiden Seiten besonders gut ausgebaut, um den Transitverkehr gut zu den Tunnelportalen zu geleiten. Der Tunnel bohrt sich etwa unter der 500 m höher verlaufenden Scheitelstrecke durch den Fels. Oben trifft man auf das berühmte Kloster, aus dem die Bergrettenden Bernhardinerhunde mit dem hübschen Schnapsfass um den Hals stammen...

Der Paß wurde nach dem hl. Bernhard von Menthon benannt, der im 11. Jhd das Kloster gründete. Seit Ende des 12. Jhds leben hier Augustinerchorherren. Bekannt wurde das Kloster nicht zuletzt wegen der dort gezüchteten Bernhardinerhunde, die seit Jahrhunderten zur Bergrettung eingesetzt werden. Man sollte sich nicht wundern, dass Scharen von Touris den Hochpunkt erklimmen, um trübe dreinschauende faule Hunde in Zwingern zu sehen und kiloweise Stofftiere zu kaufen. Alles dreht sich hier oben um den Schnapsfasstragenden Riesenköter...

Hinter dem Paß scheinen wir auch die Schlechtwetterfront hinter uns gelassen zu haben. Auf der wunderschönen Abfahrt (fast 40 km) nach Martigny durchfahren wir das Val d´Entremont. Etwas ausserhalb von Martigny machen wir uns Überlegungen für die Übernachtung. Wir wollen nach bis Bex fahren und rechts ab Richtung Villard-sur-Ollon, da finden wir bestimmt was.

Nach einigen Versuchen sollen wir bei einem Bahnhof fragen. Das vorliegende Restaurant sieht ansprechend aus und wir fragen nach. Per Telefon wird um Preis und Frühstück gefeilscht. Dann das unglaubliche: wir sollen ca. 200 m auf den Gleisen fahren und dann kommen wir an ein Haus mit Bed & Breakfast.

Und tatsächlich, eine nette Frau gegrüßt uns und zeigt uns die Zimmer. Unser Dietmar muss noch seine Ölverschmierte R1100R putzen, aber danach wird anständig zu Abend gegessen.

(435 km – 20.30 Uhr – der anstrengenste Tag mit 6 großen Pässen)


6.Tag (Dienstag, 04.07.04) Gryon (CH) – Rankweil (A)

Am Morgen zeigte Heiko der Pensionstante erst einmal was er mit einem anständigen Frühstück meinte, und verpußte ein Brot und bestimmt 400g unterschiedlichsten Käse. Selbst ein buntes Ei auf dem Tisch blieb nicht verschont. Zur Krönung handelte er die Zimmer nocheinmal 5 Sfr. runter.

Gegen 9.00 Uhr beim leichtem Nieselregen und Nebel machten wir uns noch mit Hoffnung auf. Über Villars-sur-Ollon erreichten wir unseren ersten Paß, den Col de la Croix (1778m). Nur zu ahnen war, welche atemberaubende Landschaft wir hier verpassen. Echt schade. Kurze Zeit später der Col du Pillon (1546m) und wir fahren nach Gstaad (hier ist gerade ATP-Tennis), werden aber großräumig umgeleitet.

Durch das schöne Niedersimmental kommen wir nach Spiez am Thuner See. Hier muss auch der Witterung Tribut zahlen und schlüpfe ich mein Regenzeug. Über Interlaken geht es entlang des Brienzer Sees nach Brienz. In Innertkirchen geht es wieder die Wand hoch bis zum Susten-Paß (2224m), der höchste Punkt für heute. Leider auch der nebligste.

Über Wassen, Amsteg und Erstfeld fahren wir im Rücken der Glarner Alpen Richtung Unterschächen zum Klausen-Paß (1948m).

Hier ist es erstaunlicherweise nicht neblig, aber kalt und wir trinken erstmal einen schönen Kaffee. Wasserfälle, Kühe auf, neben und vor der Strasse sind jetzt die Highlights.

Langsam geht uns die Luft (Lust) aus. Über Glarus und Walenstadt geht es nach Sargans. Dann nur noch durch Lichtenstein mit Vaduz und durch Feldkirch und wir sind wieder an den Autos.
Nach kurzer Verschnaufpause beginnen wir mit dem Packen. Heiko holt seinen Hänger, lässt ihn aber auf der Kupplung nicht richtig einrasten und verliert ihn mit riesem Getöse beim Überqueren der Straße, reizt die Tür auf und ruft: „Hallo zusammen!“ – ein Bild für die Götter.


Nach einer Stunde (18.30 Uhr) ist alles verzurrt und wir treten die Heimfahrt an. Tanken, McDoof und dann auf die Bahn – Ankunft 02.20 Uhr Hameln.

 
Trotz der Strapazen – na, denn bis zum nächsten Jahr.


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